Igor Fjodorowitsch Strawinski (1882-1971):

Schar-ptiza [Жар-птица]

deutsch Der Feuervogel / englisch The Firebird / französisch L'Oiseau de feu

Allgemeine Angaben zum Ballett

Entstehungszeit: 1909/10
Uraufführung: 25. Juni 1910 in Paris (Opéra)
Formation: Serge Diaghilews 'Ballets Russes'
Besetzung: Orchester

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[Details]
Der Feuervogel (Orfeo, DDD, 2009)
Igor Strawinsky (1882-1971)

FonoForum 07/10: »Gerade in der gut bestückten Diskographie des ›Feuervogels‹ mag man der Aufnahme des brillanten Dirigenten vorbehaltlos Referenz-Status einräumen. Selten hat man die wuchernde, zwischen symbolistischem Klangrausch und folkloristischem Tonfall changierende Ballett-Musik so plastisch erleben können. Hier erscheint sie nicht wie oft losgelöst von ihrem Ursprung als konzertante Adaption für den Konzertsaal oder die Platte, sondern unmittelbar aus der Idee des Tänzerischen geboren. Als Meister der feinen Übergänge verstehen es Nelsons und das hervorragende Orchester Sinnlichkeit und rhythmische Präzision aufs Natürlichste miteinander zu verbinden.«

Zum Ballett

Art: Märchenballett in drei Szenen für Orchester
Libretto: nach einem russischen Volksmärchen
Ort: Russland
Zeit: zur Märchenzeit

Personen der Handlung

Iwan Zarewitsch
Der Feuervogel
Der Zauberer Kastschei
Weitere: 13 Prinzessinnen, Monster als Bewachungspersonal, entzauberte Kavaliere

Handlung

Erste Szene:

Iwan Zarewitsch hat sich auf der Jagd verirrt und ist in den geheimnisvollen Obstgarten des Zauberers Kastschei eingedrungen. Dieser hat die Angewohntheit, alle schönen Prinzessinnen, die sich verlaufen haben in seinem Palast einzusperren und ihre Begleiter in Steine zu verwandeln. Die Mädchen haben keine weiteren Möglichkeiten der Freizeitgestaltung als mit den goldenen Äpfeln zu spielen, die an den Bäumen im Garten hängen.

Iwan sieht einen schönen Fasanenvogel mit rotgoldenen Federn im Garten herumhüpfen, hascht nach ihm und fängt ihn ein. Dieser nutzt die Gebärdensprache und bittet den Prinzen, ihn wieder freizulassen. Sein gutes Herz belohnt der Feuervogel mit einer Schwanzfedern, die er sich ausrupft und dem Prinzen als Souvenir schenkt. Die Feder hat – wie sich später herausstellt – magische Kräfte. Wenn man damit wedelt, hält sie bösartige Angreifer auf Distanz.

Zweite Szene:

Zurzeit hat Kastschei 13 Prinzessinnen inhaftiert, die nachts Ausgang haben. Von ihrem Liebreiz ist der Prinz begeistert. Natürlich sucht er sich die Schönste aus dem Angebot heraus und lässt sich von ihr erzählen, was der böse Zauberer so alles anstellt. Ihre Kavaliere hat er gefangengenommen und in Steine verwandelt, um sie in seine Mineraliensammlung einzufügen. Alle Mädchen müssen wieder ins Haus, sobald die Sonne aufgeht. Der Prinz soll nicht hinterher kommen, bitten sie, weil das viel zu gefährlich ist. Bei Hausfriedensbruch kennt der Gebieter keine Nachsicht.

Dritte Szene:

Einem Prinzen steht es gut an, wenn er mutig ist und sich nicht einschüchtern lässt, damit er später etwas zu prahlen hat. Sein männlicher Instinkt lässt Iwan Zarewitsch nicht ruhen. Er folgt den Mädchen nach und löst dabei unbeabsichtigt die häusliche Alarmanlage aus.

Mit einem Heer von bösartigen kleinen Monstern nähert sich der Hausherr persönlich, um dem unbefugten Eindringling die Rechtslage zu erläutern. Hat er das Schild „Betreten des Grundstücks verboten“ nicht gelesen? Iwan schwenkt die Zauberfeder und kann die unmittelbaren Angriffe auf Leib und Leben zunächst abwehren, verhindert aber schließlich seine Gefangennahme nicht. Die Prinzessinnen versuchen zu beschwichtigen und legen vergeblich Fürbitte für den Prinzen ein. Der Feuervogel wird durch den Tumult angelockt und zwingt die Brut mittels Zauberkraft, bis zum Umfallen zu tanzen.

Kastschei verfügt über ein Geheimnis, welches der Feuervogel allerdings kennt. Die Seele des mächtigen Zauberers, gleichzeitig sein Lebensmotor, ruht in einem Ei; und das Ei liegt in einem Kästchen, und das Kästchen ist verschlossen. Iwan Zarewitsch findet die Schachtel und zerschlägt das Ei. Der bösartige Zauberer verzieht das Gesicht, verrenkt seine Glieder und gibt seinen Geist auf. Mit dem Magier verschwindet auch der Zaubergarten, die Obstbäume mit den goldenen Äpfeln und die Villa. Eigentlich schade!

Die Prinzessinnen sind nun frei und ihre Begleiter auch. Man hat jetzt das logistische Problem auf dem kürzesten Weg wieder nach Hause zu finden. Der Feuervogel kümmert sich um nichts, sondern flattert grußlos davon.

Beschreibung

Die Vertonung wurde zunächst Anatol Liadow, einem Schüler Rimsky-Korssakows, vorgeschlagen, der jedoch ablehnte. Daraufhin bekam der junge Igor Strawinski von Diaghilew den Zuschlag. Das Libretto entstand im Zusammenwirken aller Künstler.

Erwartungsgemäß hat das Ballett mehre Fassungen, die nach Gutdünken des Ballettmeisters unterschiedlich zusammengestellt werden. Eine futuristische Version stammt von John Neumeier und wurde in Frankfurt aufgeführt. Iwan ist hier ein Weltraumflegel und Kastschei hat ein Monitorgesicht.


Letzte Änderung am 26.12.2016
Beitrag von Engelbert Hellen