Darius Milhaud (1892-1974):

Le Train bleu

deutsch Der blaue Zug / englisch The Blue Train

Allgemeine Angaben zum Ballett

Entstehungszeit: 1924
Uraufführung: 20. Juni 1924 in Paris (Théâtre des Champs-Ellysées)
Choreographie: Bronislawa Nijinska
Bühnenbild: Heni Laurens
Ausstattung: Pablo Picasso
Vorhang: Fürst Schervadschidzé (nach einem Gemälde von Picasso)
Kostüme: Coco Chanel
Formation: Serge Diaghilews Ballets Russes
Ausführende: Bronislawa Nijinska (Tennismeisterin), Lydia Sokolowa (Perlouse), Anton Dolin (Le Beau Gosse), Leon Woizikowsky (Der Golfspieler)
Besetzung: Orchester
Erstdruck: Paris: Heugel, 1924
Verlag: Paris: Heugel (A. Leduc), 1999
Bemerkung: Pablo Picasso war ein Freund des Balletts. Im Kollektiv mit Jean Cocteau hat er bei neun Balletten dem Design seinen Stempel aufgedrückt. Besonders effektvoll ist seine Mitwirkung an Manuel de Fallas Ballett „Le Tricorne“, von dem eine DVD-Video-Aufzeichnung in Kombination mit „Le Train bleu“ Zeugnis gibt.
Opus: op. 84

Zum Ballett

Art: Getanzte Operette in einem Akt
Libretto: Jean Cocteau

Personen der Handlung

Le Beau Goss: ein stattlicher junger Mann
Die Tennismeisterin
Der Golfspieler
Perlouse: eine schmuckliebende junge Dame

Handlung

Den „blauen Zug“ gibt es heute nicht mehr, weil er die Farbe getauscht hat. Doch die Schnellverbindung von Paris über Lyon zur Riviera wird von Urlaubern des Industriezeitalters ausgiebig frequentiert. Doch die Leute, die Abwechslung und Erholung suchen, haben die Manieren und Gepflogenheiten aus den 1920er Jahren nicht beibehalten.

Wie war es nun damals? Die Menschen waren es Leid, in den vornehmen Salons herumzusitzen, den poetischen Ergüssen der Dichter oder dem perlenden Klavierspiel der Virtuosen zu lauschen. Man suchte nach weiteren Möglichkeiten, sich zu zerstreuen und ein „neuer Esprit“ kam auf. Die Menschen erstrebten die Geselligkeit unter freiem Himmel und entdeckten die Seebäder an der Mittelmeerküste.

Im Ballett begegnen sich die Paare bei Sport und Spiel - Schwimmen, Tennis und Bodenübungen werden favorisiert. Selbst hatte man den Eindruck nicht, ein bisschen verrückt zu sein. Wer kann sich schon selbst objektiv beurteilen? Das besorgte Jean Cocteau, er nahm den Stil der Zeit satirisch aufs Korn. Leicht wie die Luft sind die Bewegungen. Sportliche Anstrengung oder gar Wettkampf wird vermieden. Man verschwindet in der Badekabine, hebt den Deckel ab und beschaut sich die Welt von oben. Der Tennisschläger erfüllt nicht nur den Zweck, den Ball auf die gegnerische Seite zu befördern, sondern mit ihm bekommt der männliche Partner auch scherzhaft einen „drübergezogen“ sollte er sich unvorsichtigerweise einmal vorbeugen. Die beiden Personen, welche uns Darius Milhaud exklusiv vorgestellt, sind Perlouse und Le Beau Gosse, die es aufeinander abgesehen haben. Alle anderen, die den Strand bevölkern, sind namenlose Gigolos und „Hindinnen“.

„Le Train bleu“ symbolisiert eine Periode des Luxus und des Snobismus. Ohne Verspätung kommt er tatsächlich an, allerdings - selbst für einen Kurzaufenthalt – ist auf der Bühne kein Platz. Es bestünde allerdings die Möglichkeit, das Vehikel auf den Bühnenvorhang zu malen, doch dort laufen bereits zwei sportliche junge Damen händchenhaltend in Richtung Meeresbrandung. Auf blaue Farbe muss der Besucher nicht verzichten. Der Himmel und das Meer sind tiefblau und ein bisschen Dunkelblau hat Coco Chanel in die Badetrikots verarbeitet.


Letzte Änderung am 6.6.2015
Beitrag von Engelbert Hellen