Maurice Jarre (1924-2009):

Notre-Dame de Paris

Allgemeine Angaben zum Ballett

Entstehungszeit: 1965
Uraufführung: 11. Dezember 1965, Opéra Paris
Besetzung: Orchester
Spieldauer: ca. 86 Minuten

Zum Ballett

Art: Ballett in 2 Akten und 13 Bildern
Libretto: Roland Petit nach dem Roman von Victor Hugo
Ort: Paris
Zeit: im Mittelalter

Personen der Handlung

Quasimodo: Glöckner von Notre-Dame
Esmeralda: eine rassige Zigeunerin
Frollo: Erzdiakon von Notre-Dame
Phoebus: Gardekapitän
Weitere: Volk

Handlung

1. Akt:

Im Paris Ludwigs XI. feiert man wie alljährlich das Narrenfest. Jeder benimmt sich so affektiert und übermütig, wie er kann. Den Höhepunkt bildet die Wahl des Narrenpapstes. Jemand, der nicht nur lustig angezogen ist, sondern auch abwegige Körperformen vorweisen kann, wird favorisiert. Quasimodo, der Glöckner von Notre-Dame, ist die zweifelhafte Ehre zuteil, zum Narrenpapst gewählt zu werden. Der Bucklige, verängstigt und sich trotzdem geschmeichelt fühlend, freut sich, im Mittelpunkt zu stehen und äußert sich in übermütigen Sprüngen.

Der Erzdiakon ist über die Wahl seines Zöglings zum Narrenpapst nicht angetan, weil er von derartigen Späßen nichts hält. Er möchte das lustige Treiben am liebsten unterbinden und verweist auf die Tugenden des Christentums. Quasimodo ist ihm in Dankbarkeit verbunden, weil er seinem Wohltäter einst Rettung aus persönlicher Gefahr zu verdanken hat. Frollo hat sich seiner Erziehung angenommen und ihn aufgrund seiner ungewöhnlichen Kräfte als Glöckner eingesetzt.

Der Diakon hat das Pech, sich in die lebenslustige Zigeunerin Esmeralda unglücklich zu verlieben. Öffentlich darf er es nicht zeigen, deshalb soll Quasimodo sie für ihn rauben. Esmeralda hat aber einen Beschützer, den Gardekapitän Phoebus, mit dem sie liiert ist. Der Aufmerksame vereitelt den Überfall, und seine Bogenschützen nehmen den Übeltäter fest. An den Pranger gestellt, hat Esmeralda Mitleid und gibt ihm zu trinken. Quasimodo quittiert die freundliche Geste mit ewiger Dankbarkeit.

Der Hauptmann und die schöne Tänzerin zeigen ihre Liebe ungeniert, während Frollo vor Eifersucht vergeht. Unbeobachtet greift er zum Messer, um es dem Rivalen in den Rücken zu stoßen. Verdächtigt wird Esmeralda, und die Bogenschützen nehmen sie fest. Des Mordes angeklagt, führt man sie vor den Richter.

Als Straftäterin droht ihr der Tod durch den Galgen. Die Hinrichtung wird von Quasimodo vereitelt, der sich Esmeralda greift und triumphierend mit ihr in der Kathedrale verschwindet. Gemäß altem Brauch genießen Verfolgte am geheiligten Ort Asyl.

2. Akt:

Die Szene spielt im Glockenturm von Notre-Dame. Es ist das Reich Quasimodos, in dem er seine Schutzbefohlene untergebracht hat. Er steigt auf den Rand der Glocke und bringt sie durch die Kraft seiner Bewegung zum Schwingen.

Sicher ist Esmeralda im Glockenturm nicht. Der Erzdiakon verschafft sich Zutritt und bedrängt das unbeaufsichtigte Mädchen. Da sie sich seinen Annäherungen widersetzt, wird Frollo gewalttätig und schlägt sie ins Gesicht.

Das Asylrecht wurde auf Geheiß des Königs aufgehoben. Quasimodo ist außerstande, Esmeralda vor den Eindringlingen zu schützen. Sie wird ergriffen, und der Henker legt ihr die Schlinge um den schönen Hals. Der verzweifelte Quasimodo befindet sich im Zwiespalt der Gefühle. Er erkennt das Unrecht seines Meisters, und unter seinen Händen, die ihm mit kräftigem Griff den Kragen zuschnüren, haucht der Bösewicht sein Leben aus. Der Verzweifelte legt sich die Leiche Esmeraldas über die Schulter und verlässt unbehelligt den Schauplatz.

Beschreibung

Eine weitere glanzvolle Aufführung von Maurice Jarres ‚Notre-Dame de Paris’ unter Roland Petit ereignete sich an der Pariser National-Oper im Jahre 1996. Nicolas Le Riche tanzte den Quasimodo völlig ungewohnt als Sympathieträger mit der jugendlichen Ausstrahlung eines Romeo. Buckel und schiefer Mund wurden hin und wieder angedeutet, um dem literarischen Dokument gerecht zu werden. Frollo trug einen geistlichen Trainingsanzug mit Kreuz auf der Brust und Phoebus wirkte in seiner Kluft absichtlich ein bisschen lächerlich. Der Esmeralda wurde Isabelle Guérin an Intensität der Ausstrahlung nicht ganz gerecht. Zur Freude des Publikums waren die Kostüme äußerst leuchtkräftig. Die Ausmaße der Kathedrale waren als Strichzeichnung nur angedeutet. Den Beginn des zweiten Aktes im Glockenturm konnte man als Höhepunkt der Aufführung ansehen. Ballett modern – aber nicht extrem! Roland Petit hat das richtige Gespür.

Szenenablauf:

Erster Akt:
1. Szene: La fête des fous (Das Narrenfest)
2. Szene: La prière (Das Gebet)
3. Szene: Esmeralda
4. Szene: La cour des miracles (Der Wunderhof)
5. Szene: Le pilori (Der Pranger)
6. Szene: Les soldats (Die Soldaten)
7. Szene: La taverne (Die Taverne)
8. Szene: Le procès (Der Prozess)
9. Szene: Le gibet (Der Galgen)

Zweiter Akt:
10. Szene: Le clocher de Notre-Dame (Der Glockenturm von Notre Dame)
11. Szene: Esmeralda et Quasimodo (Esmeralda und Quasimodo)
12. Szene: L'attaque de la cathédrale (Der Angriff auf die Kathedrale)
13. Szene: La Mort (Der Tod)


Letzte Änderung am 15.11.2006
Beitrag von Engelbert Hellen