Çetin Işıközlü (geb. 1939):

Judith

Allgemeine Angaben zum Ballett

Entstehungszeit: 1959-67
Uraufführung: 1969 in Ankara (Staatsoper)
Choreographie: Alfred Rodriguez
Besetzung: Orchester
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Bemerkung: Als bisher einziges türkisches Ballett trat „Judith“ den Siegeszug um die Welt an. Die einzelnen Stationen sind: 1970 Istanbul, 1976 und 1978 Kapstadt, Tokio 1982, İzmir 1989, Baku 1996 und Tiflis 1997. Der Komponist widmete das Werk seiner Gattin, der Primaballerina Işil, die auch in der Uraufführung die Judith tanzte. Ihr Partner war James Urbain. In der Musik begegnen sich Orient und Okzident. Bedacht darauf, dass Geschehen plakativ zu illustrieren, kommt die Musik beim Publikum problemlos an.
Opus: op. 1

Zum Ballett

Art: Ballett in einem Akt
Libretto: Çetin Işiközlü nach einer biblischen Begebenheit

Handlung

Das türkische Libretto weicht ein wenig von der biblischen Überlieferung ab. Danach war es nicht die Stadt Bethulia, sondern die Hauptstadt Jerusalem, die durch den Feldherrn Nebukadnezars geschleift werden sollte. Die Stadt steht kurz vor ihrem Fall und die Assyrer feiern bereits den bevorstehenden Sieg. Der Hohe Rat der Juden überlegt fieberhaft, wie man den Zorn des grausamen Eroberers dämpfen könnte. Kostbare Geschenke haben schon oftmals Wunder bewirkt. Dem Feldherrn aus dem Zweistomland wird unterstellt, ein Weiberheld zu sein! Was liegt näher, als ihm einen erotischen Leckerbissen anzubieten. Keine Witwe – beileibe nein – eine blühende Jungfrau sollte es schon sein.

Judith meldet sich freiwillig. Sie traut sich zu, nach der Verführung den Frechling unschädlich zu machen. In politischer Mission überbringt eine Abordnung der Juden das pompös eingekleidete Geschenk. Holofernes ist von der kostbaren Gabe begeistert. Es wäre Unsinn, von Verführung oder Vergewaltigung zu sprechen, denn die Liebenden haben sich gesucht und gefunden.

Ärgerlich, dass Judith den Ältesten ihres Volkes das Versprechen gegeben hat, den Assyrer ins Jenseits zu befördern, um ihr Volk zu retten. Mit leeren Händen kann sie in ihre Heimatstadt nicht zurückkehren – also frisch ans Werk. Holofernes weiß offenbar nicht, dass keine Rose ohne Dornen ist. Inzwischen ist er völlig betrunken, so dass es der schönen Judith leicht fällt, den Inhalt einer Giftampulle in den Rotwein zu kippen.

Die Jungfrau kann es einrichten, ihren Auftraggebern ein Zeichen zu geben, dass ihr Werk vollbracht sei. Die jüdischen Krieger, plötzlich mutig geworden, überfallen die Assyrer und erringen den Sieg. Der Hohepriester erkundigt sich nach dem Kopf des assyrischen Anführers. Judith holt die Knochensäge aus ihrer Handtasche und säbelt dem Feind des Vaterlandes das Haupt vom Rumpf. Dabei darf das zartfühlende Publikum nicht zuschauen - freundliche Komparsen verdecken die Sicht. Das Volk feiert begeistert den Sieg und ehrt die Volksheldin. Doch Judith kann sich nicht freuen. Die Jungfrau wird sich bewusst, wie töricht sie gehandelt hat. Den Mann, dem ihr Herz zuflog und den sie liebte, hat sie umgebracht, anstatt mit ihm nach Babylon durchzubrennen. Die Tränen der Reue kommen leider zu spät.


Letzte Änderung am 22.7.2008
Beitrag von Engelbert Hellen